Ersatzgestärkt trat unsere erste Mannschaft beim Regionalliga-Rückzieher Herzogenaurach 2 an, weil krankheitsbedingt zwei Stützen der zweiten Mannschaft, Andreas Hierl und meine Wenigkeit, in die erste hochgezogen wurden und sich bewährten.
Der Kampf begann mit einem Paukenschlag am Brett 1 als der rekonvaleszente Ralf Seitner in ohnehin sehr schlechter Stellung gegen Stefan Sattler den zweiten Zug einer berechneten Zugfolge vor dem ersten machte und so einzügig seine Dame verlor. Mit diesem Fauxpas befindet er sich allerdings in bester Gesellschaft von Weltmeistern und Champions.
Für den Ausgleich sorgte nach 1,5 Stunden Ersatzmann Mattias Birkner an Brett 8, wo Stefanie Steinmüller mit den weißen Steinen eine fragwürdige Abwicklung gegen den Marshall-Angriff wählte und eigentlich im 14. Zug bereits eine Qualität hätte verlieren sollen, hätte Mattias den Trick nur gesehen! So blieben allerdings bis zum 20. Zug die weißen Figuren auf ihren Ausgangsfeldern (Lc1, Sb1, Ta1) während Mattias einen lästigen Turm auf der ersten Reihe platzierte. Zwar hätte Weiß sich mit präzisem Spiel noch aus der misslichen Lage befreien können, aber sie wählte den falschen Weg, was schließlich Kollaps des gesamten Königsflügels und einer hoffnungslosen Stellung führte. 1:1.
Es folgte ein Friedensschluss an Brett 6 von Wolfgang Brunner mit Erik Zeilinger, nachdem Wolfgang mit Schwarz sehr schnell ausgleichen konnte und die Stellung nach 27 Zügen vollkommen ausgeglichen war.1,5:1,5.
Als Erwin Hirn an Brett 3 in ausgeglichener Stellung Remis angeboten bekam, begann die Sondierung der noch laufenden Partien: Andi Hierl (Brett 7) stand auf Gewinn, Andi Niebler (Brett 5) hatte in horrender Zeitnot aus dem Schlimmsten geflüchtet, stand aber auf der Uhr und auf dem Brett noch erheblich unter Druck, an Brett 4 sah es nicht so aus, als ob Martin Simon die Partie noch verlieren könnte, und an Brett 2 sah Jozef Smyk einem angenehmeren Endspiel entgegen. Damit war Erwins Friedensschluss match-technisch vollkommen gerechtfertigt.2:2.
Es folgte der Triumph des zweiten Ersatzspielers Andreas Hierl bei seinem Bezirksliga 1 Debüt. Noch vor wenigen Wochen hatte er sich für die Schnellschachoberliga das Geschlossene-Sizilianer-Repertoire reingepfiffen, so dass er sich hier von Anfang an auf sicherem Terrain bewegte („Seht her,“, möchte man der Schachjugend zurufen, „Fleiß zahlt sich aus!“), und nach einem Fehlgriff seines Gegners mit einem Turm auf der siebten Reihe zwei Bauern einsammelte. Anstatt den Angriff fortzusetzen, wickelte er geschickt in ein gewonnenes Endspiel mit einem starken Läuferpaar und zwei Mehrbauern ab. 3:2.
Der folgende Remisschluss von Martin an Brett 4 erfolgte aus einer Position der Stärke, in der allenfalls Martin noch weiter auf Sieg hätte spielen können. Aber zu dem Zeitpunkt sah es noch so aus, als ob die beiden noch laufenden Partien Remis würden enden können.3,5:2,5
Andi Niebler hatte sich inzwischen stabilisiert, zwar mit zwei Minusbauern, aber mit ungleichen Läufern und je einem Turm und einer Blockade, die nach uneinnehmbarer Festung aussah. Sein junger Gegner warf auf der Suche nach einem Einbruchsfeld für den Turm seine Bauern nach vorne, und es war nach wie vor höchste Vorsicht geboten. Andi spielte hier nur noch auf dem Zeitbonus von 30 Sekunden pro Zug. Plötzlich Aufregung im Neumarkter Lager:“Zack! Zack! Und der Bauer läuft durch! Andi verliert noch!“ Zum Glück sah der Gegner das erste Zack nicht, und Andi konnte den bedrohlichen Bauern noch stoppen, und die Partie steuerte auf ein Unentschieden zu.
Zwar hatte Jozef als Schwarzer seinen Gegner zu diesem Zeitpunkt im Leichtfigurenendspiel bereits im Würgegriff, ein gedeckter Freibauer stand auf a3, die übrigen weißen Bauern konnten nicht mehr alle gedeckt werden. Mit einem Mehr- und Freibauern war die Gewinnführung nur noch eine Frage der Technik und Kondition, besonders gegen einen Springer ist im Endspiel immer Vorsicht geboten („die Psychopathen des Schachs“ hat der Trainer Jeremy Silman die Springer nicht zu Unrecht genannt).
So stand am Ende ein – letztlich ungefährdeter und verdienter 5:3 Sieg.