Stadtmeisterschaft 2025 – Runde 6

Posted by Mattias Birkner in Allgemein, Saison 24/25, Turniere 24/25 | Kommentare deaktiviert für Stadtmeisterschaft 2025 – Runde 6

Eine Runde vor Schluss steigt die Spannung an der Tabellenspitze:

Die punktgleichen Führenden mussten zur 6. Runde gegeneinander antreten, wobei eine Vorentscheidung zum Turniersieg fallen dürfte.

Andi vs. Martin – „H5 war Dein Schicksa-hal, meine Königin“

Wenn es um die Wurst geht, geht Andi Hierl aufs Ganze, insbesondere nachdem er gegen die Mitführenden Wolfgang und Jozef wenig umkämpfte Remisen gespielt hatte, war es nun auch an der Zeit. Martin Simon tat auch sein bestes, um wenig Widerstand zu leisten und misshandelte die Eröffnung ziemlich:

Nach dem 16. Zug hatte Martins Dame schon eine Odysee von d8 über a5, e5, und wieder a5 nach h5 hinter sich, was – wie schon unsere kleinsten Schacheleven lernen – die wertvollste Figur unnötig in Gefahr bringt und die Entwicklung der anderen Figuren vernachlässigt. Das obige Diagramm sagt mehr als 1000 Worte! 6 Züge später war es dann soweit:


Weia! die Dame hat kein vernünftiges Fluchtfeld mehr, außer h3 von wo sie mit Lg2 nach h5 zurückgezwungen wird. Dort fällt sie schließlich nach dem Abzugsschach Sf6+ durch ihre weiße Kontrahentin. Zwar bekommt Martin so immerhin 2 Figuren im Gegenzug, was aber gegen einen ausgezeichneten Techniker wie Andi natürlich bei Weitem nicht reicht.

Die ganz Alten unter uns wissen vielleicht, dass Schlagersänger Roland Kaiser („und sie griff an mit den Waffen der Frauen, und ich war verloren. Schachmatt! durch die Dame im Spiel.Schachmatt! weil sie mir so gefiel…“) selbst dann und wann Klötzchen schiebt. Vielleicht hätte ihn Martins Drama-Queen auch zur folgenden Warnung („H5 war Dein Schicksa-hal, meine Königin…“) inspiriert:

Wie auch immer, auf jeden Fall war Andi mit diesem Sieg zumindest für einen Augenblick Tabellenführer.

Jozef vs. Wolfgang – Lechts und Rinks

Jozef Smyk kam ziemlich gut aus der Eröffnung und seine aufmarschierte 3-gegen-2-Bauernmehrheit am Damenflügel sah schon nach 20 Zügen ziemlich gewonnen aus:

Allerdings wurden die Bauern nach einigen Ungenauigkeiten von Jozef abgetauscht und ihm blieb „nur“ ein Mehrbauer im Läuferendspiel, der bekanntlich schwer zu verwerten ist. Der entscheidende Fehler unterlief Wolfgang Brunner dann erst im 49. Zug:

Mit 49…f6?? gibt Wolfgang das sichere Remis aus der Hand! Stattdessen hätte 49…f5+! dem Weißen alle Einfallstore ins schwarze Lager sicher verbaut: h4 und g5 kann durch den schwarzen Läufer blockiert werden,über die b- und c-Linie kann Weiß keinen Fortschritt machen, weil Schwarz mit dem König auf d7 alle Einbruchsfelder blockieren kann.
Was ist nun der große Unterschied zu 49…f6? Nach der weißen Antwort Lb8 (oder Lc7) ist das Feld e5 für den weißen König geräumt und f5+ verliert nun, wegen Ke5 und der Bauer zieht nach d6 weiter und Schwarz kann seine Bauern auf g6 und f5 nicht mehr decken.
Wenn Schwarz aber nicht f5 spielen kann, spielt Weiß selbst f5 und sichert seinem König die weißfeldrigen Einbruchsfelder g4, h5 und g6!

Im weiteren Verlauf täuschte Jozef dann ein bisschen rechts und links an, bis er schließlich folgende Stellung erreichte:

Der weiße Königsmarsch auf den weißen Feldern über g4 und f3 nach c8 ist nicht mehr aufzuhalten, weil der schwarze König nicht mehr über die e-Linie auf den Damenflügel kommt. Wenig später musste Wolfgang auch kapitulieren, Wodurch Jozef sich wieder an die Tabellenspitze setzte.

Ohne Übertreibung kann man also sagen, dass Jozef Wolfgang schwindelig gespielt hat, so dass Ernst Jandl seine Freude gehabt hätte, der 1966 dichtete:

manche meinen
lechts und rinks
kann man nicht velwechsern
werch ein llltum

Johannes vs. Carlo – Endspiele!

Kuriose Endspielmystik präsentierten Jojo Hierl und Carlo Segerer. Ausgangs des Mittelspiels sah es noch so aus, als würde Jojo das Spiel sicher nach Hause bringen:

Der weiße Springer steht auf c4 traumhaft und dominiert den schwarzen Läufer komplett, der mit Müh und Not die Schwächlinge auf a5 und e5 verteidigt. Anstatt jetzt mit Ke4 die Ernte einzufahren (wohlgemerkt: der schwarze Läufer ist angegriffen und Schwarz kann nicht auf f2 schlagen), zog Jojos König den Schwanz ein und sich nach g2 zurück.Es folgte Turmtausch auf f7 und Übergang in das Endspiel starker Springer gegen schwachen Läufer mit kuriosem Ausgang:

Interessanterweise hätte Carlos natürlicher Zug 37…Kf6?? verlieren sollen, während 37…Ke6 oder 37…h5 Richtung Remis steuern. Schauen wir es uns an:

  • 37…Ke6 38.Ke4 (Weiß muss den Einmarsch auf d5 verhindern) h5! Der Schlüsselzug!

Wem gehen zuerst die Züge aus? 39. f3 g6 40.g4 g5!! Der Trick.

Jedes Schlagen eines schwarzen Bauern verschafft Schwarz einen Freibauern auf der h-Linie, weshalb der weiße König zurück muss und Schwarz vorrücken kann. Ein Trick, den man sich unbedingt merken sollte.

  • sofortiges 37…h5 (anstatt Ke6) bereitet die gleiche Kombination vor.

Mit seinem Schlusszug 39.f3?? bot Jojo verfrüht Remis,

weil Carlo in der Schlussstellung erstmal 39…h5 (40.g4 g5!!) hätte finden müssen. Anstatt 39.f3?? hätte Jojo natürlich selbst h5 spielen müssen, um Carlo den Trick zu nehmen und in Zugzwang zu bringen. Früher oder später hätte Carlo so entweder mit den König weichen müssen und den weißen König hereinlassen, oder einen Läuferzug (verbunden mit Bauernverlust) machen müssen.

Thomas vs. Ivan – „d6 war Dein Schicksal, mein König“

mit Thomas Hummel gegen Ivan Krushevsky gab es ein Zweitmannschaftsduell vom Feinsten. Ivan kam gut aus der Eröffnung und hatte zeitweilig deutlichen Stellungsvorteil.

In dieser Stellung ist schon das spätere Dilemma von Ivans König angelegt: Es liegt nahe, dass Schwarz den Hebel a4 spielen und danach weiter Druck auf den Bauern b3 ausüben will. Am effektivsten dafür wäre die Verdreifachung der Schwerfiguren auf der b-Linie, aber im Moment wird der Tf8 auf c8 zur Deckung von c5 gebraucht. Was liegt also näher als den untätigen Monarchen auf den Weg nach d6 zu schicken, wo er (vielleicht) sicher steht und c5 deckt? Der Plan hat nur den Haken, dass Weiß Zeit genug hat, sich mit Tb2 und Tfb1 auf der b-Linie zu verstärken, so dass deren Öffnung letztlich Weiß zugute kommt. Gute Idee aber schlechtes Timing…

Weil es so schön ist, hier noch das abschließende Mattbild:

Egebnisse und Tabelle

Durch ihre jeweiligen Siege haben sich Jozef und Andi allein an die Spitze gesetzt mit minimalem Tiebreak-Vorteil für Jozef (Buchholz = Summe der Punkte aller bisherigen Gegner). Die Entscheidung wird in der letzten Runde am 12.12.2025 fallen!

Related Images:

Comments are closed.