An Stadtmeisterschaft Abenden beginnt normalerweise um 10 Uhr die Endspielstunde. Wenn die Geister, ermattet von den Finessen des Mittelspiels, am liebsten ins weiche Kopfkissen sinken würden, sich die schachlichen Reihen gelichtet haben und der Pulverdampf verzogen ist. Gerade dann gilt es, die Varianten exakt und tief voraus zu berechnen, damit am Ende nicht der eine Zug fehlt, der zwischen Sieg und schmerzlicher Niederlage steht.
Die Zuschauer wandern kiebitzend von einem Brett zum nächsten und denken:“Warum zieht er denn nicht endlich den offensichtlichen Zug?“, doch gemach!
Gerade Bauernzüge wollen gut überlegt sein, denn alle Schachspieler wissen:“Die Liebe und Bauernzüge sind für immer und ewig.“ Wie oft sind Partien durch unbedachte Bauernzüge (die man nicht mehr rückgängig machen kann) weggeworfen worden? (Selbiges soll auch in der Liebe schon vorgekommen sein, würde aber an dieser Stelle zu weit führen).
Und wie der Endspieler so lange über seinen nächsten Bauernzug grübelt, platzt ein Schachfreund mit einem dröhnenden „SERVUS!“ herein und die mühsam ausgetüftelten Varianten verwehen wie ein Bauchnabelfussel im Wind…
Nicht in den Genuss der zermürbenden Endspielphase kamen Johannes und Leonhard, die schon vorher die Waffen strecken mussten.
Leo kam gegen Erwin schlecht aus der Eröffnung und man hatte das Gefühl, dass er nicht recht wusste, wo seine Figuren optimal postiert seien. Als es zwischenzeitlich nach ungefährem Ausgleich aussah, griff Leo mit einem fatalen Königszug fehl und musste wenig später die Segel streichen.

weil nach dem Abtausch auf e3 und 25…Ld2 der schwarze Turm
auf e3 eindringt und mehrere Bauern oder eine Figur gewinnt.
Johannes hingegen kam ziemlich gut aus der Eröffnung, bis er fehlgriff und seine Dame wirkungslos auf den Königsflügel drängen ließ und einen Bauern verlor.

Königsflügel fliehen, außerdem fällt noch der
Bauer auf a7.
Wenig später erlaubte er Thomas noch seinen Turm einzusperren und weiterspielen war sinnlos.
Laura konnte gegen Andi Hierl durch einen kleinen taktischen Trick einen Bauern erobern und das entstehende Endspiel mit Läufer gegen Springer ziemlich souverän gewinnen. Damit übernimmt sie mit drei Punkten aus drei Partien die alleinige Tabellenführung.

weil nach dem Zurückschlagen Db6 eine Figur zurückgewinnt.
Das Drama des Abends entspann sich zwischen den „rising stars“ Ivan Krushevsky und Christoph Reger, der einen rabenschwarzen Tag erwischte und mit Schwarz ziemlich schnell ziemlich schlecht stand, auch weil Ivan einen äußerst unangenehmen Läufer auf d6 einbetonieren konnte, der dem vielzitierten „rostigen Nagel im Knie“ (Wilhelm Steinitz, erster Schachweltmeister) sehr nahe kam.

den Läufer abzutauschen, die zwei c-Bauern zu eliminieren
und in ein 3 gegen 2 Turmendspiel überzuleiten.
Christoph gelang es jedoch, sich aus der misslichen Lage zu befreien und in ein Turmendspiel mit 3 gegen 2 Bauern überzuleiten, das unter normalen Umständen stets Remis enden sollte. Jedoch übersah Christoph nach fast 20 ereignislosen Zügen – offenbar von plötzlicher Müdigkeit übermannt – einen einfachen Schlagzug Ivans, verlor einen seiner Bauern und reichte Ivan sofort und sportlich sehr fair die Hand zur Aufgabe.
Die längste Partie der Nacht spielten Jozef Smyk gegen Martin Simon. Die Partie geriet deshalb zeitlich so lang, weil beide Spieler im Endspiel ihre Operationen sorgfältig bedachten. Tatsächlich bewegte sich die Partie ab Zug 20 für 20 Züge auf der Null-Linie (d.h. die Engine bewertet die Stellung mit „Null Komma Null Null“, oder totalem Ausgleich). Erst nach knapp 4 Stunden Spielzeit waren beide des Manövrierens müde und reichten sich die Hand zum Friedensschluss.

Die Partien Kaufmann – Sellger und Brunner – Derichev werden am kommenden Freitag, 20.10.2023 nachgespielt, die vierte Runde findet am 27.10.2023 statt.